Wenn Liebe still bleibt
- November, 2025

In meinen Gesprächen mit Angehörigen – mit Lebenspartnern, Töchtern, Söhnen, Brüdern und Schwestern – begegne ich immer wieder dieser stillen Liebe. Menschen erzählen von jemandem, der vielleicht nicht ganz einfach war im Umgang und niemals „Ich liebe dich“ gesagt hat. Doch je länger ich zuhöre, desto klarer wird: Die Liebe war schon auch da. Sie lebte in den kleinen Dingen, im Dasein, im Tun, im Mittragen. Vielleicht auch im Schweigen.
Denn manche Menschen tragen ihre Gefühle nicht auf der Zunge. Sie lassen ihre Hände sprechen. Durch das, was sie tun, durch ihr Aushalten, durch ihr stilles Dasein. Und wir erkennen diese Liebe erst im Rückblick – wenn uns bewusst wird, dass sie nicht in grossen Worten lag, sondern in den vielen unscheinbaren Momenten: in Fürsorge, Verlässlichkeit, im einfachen „Ich bin da“.
Wenn Gesten mehr sagen als Worte
Liebe kann sich zeigen, wenn jemand auf uns wartet, bis wir sicher zu Hause sind. Wenn jemand schweigend neben uns sitzt, einfach da ist. Wenn jemand anruft, nur um zu fragen, ob wir etwas brauchen, oder selbstverständlich still mithilft, ohne grosse Worte. Eine kleine Berührung, ein mitdenkender Blick oder ein Teller Suppe, wenn man krank ist – all das kann Liebe sein. Sie steckt im Beschützen-Wollen, im Zuhören, in der Hilfsbereitschaft, im geduldigen Aushalten. Oder jemand schweigt, um uns vor Schmerz und Trauer zu verschonen. Oft ist sie so leise, dass man sie fast überhört.
Als junge Mutter las ich das Buch «Die fünf Sprachen der Liebe» von Gary Chapman. Darin beschreibt der Autor, wie unterschiedlich Menschen ihre Zuneigung zeigen: durch Worte, gemeinsame Zeit, Hilfsbereitschaft, Geschenke oder Berührung. Besonders ältere Generationen zeigen ihre Liebe oft durch Fürsorge. Sie reparieren, fahren, kochen, backen und sorgen sich – sie lieben durch ihr Tun. Auch wenn sie selten sagen, was sie fühlen, tragen sie ihre Liebe tief in sich.
Doch wir erwarten oft, dass Liebe sichtbar, greifbar, eindeutig sein muss. Dass sie in Umarmungen, lieben Worten, Anerkennung, Blumen oder einer Liebeserklärung wohnt. Dabei übersehen wir die stillen Zeichen: eine Mahlzeit, die einfach dasteht, ein „Brauchst du was?“, das mehr meint, als wir denken, eine längere Umarmung, ein selbstgebackener Kuchen oder die vertraute Stimme, die fragt: „Geht’s dir besser?“ All das kann Liebe sein – nur in einer anderen Sprache.
Erkennen, was wirklich da war
Leider erkennen wir oft erst nach einem Verlust, wie viel Zuneigung in diesen kleinen Gesten lag. Dass jemand, der zurückhaltend war, vielleicht so viel gegeben hat – nur eben auf seine eigene, stille Weise. Vielleicht ist genau das unsere Aufgabe: Liebe in all ihren Formen zu sehen und zu verstehen, dass sie nicht immer zart, blumig oder deutlich erkennbar ist. Manchmal ist sie praktisch, leise, unspektakulär. Und doch getragen vom tiefen Wunsch, dass es den Liebsten gut geht.
Jeder Mensch liebt so, wie er es gelernt hat – mit seinen Möglichkeiten, seinen Prägungen aus seiner Geschichte und seinen eigenen Grenzen. Das zu begreifen kann heilsam sein. Denn keine Form davon ist weniger wert. Liebe, die sich in Verantwortung, Fürsorge oder stiller Präsenz zeigt, ist nicht kleiner. Sie ist nur stiller. Wenn wir beginnen, diese Sprache zu verstehen, wird vieles weicher. Wir sehen das Gute, das Gemeinte, das Herz hinter den Taten. Und wir finden Frieden. Mit dem, was war, und mit den Menschen, die vielleicht nie „Ich liebe dich“ sagten, uns aber doch ihre Liebe gezeigt haben.
Denn am Ende zählt nicht, wie Liebe ausgedrückt wurde, sondern einfach dass sie da war.
Und du? Wie liebst du? Wie zeigst du deinen Liebsten, dass du sie liebst?
Über mich
Daniela Hefti
In meiner Arbeit zeichnen sich Mitgefühl, Respekt und Offenheit als meine grundlegenden Werte aus. Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, Menschen auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder willkommen fühlt und angenommen ist, liegt mir am Herzen.
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